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Canon EOS R6 vs. Olympus E-M1 II

Canon EOS R6 im Vergleich zu Olympus E-M1 II

Noch ein Vergleich der beiden Kamerasysteme? Direkte Antwort: Nein. Mir ging es hier einzig um den Vergleich eines Features, dass beide Kameras bieten – die Augenerkennung bei Personen. Daher wird es weder ein grundsätzlicher Vergleich dieser ungleichen Kameras noch ein grundsätzlicher Systemvergleich zwischen Kleinbildkameras und MFT-Kameras.

Wenn man Menschen fotografiert und gern die Augen im Fokus hätte, wird das besonders bei Kindern schnell schwieriger, da man die Bewegungen teilweise nicht vorhersehen kann. Man kann dazu natürlich die Schärfenachführung nutzen. Dabei muss man dann aber das gewählte Fokusfeld über dem Auge der Person halten. Man bewegt also die Kamera und ändert damit auch die Bildkomposition. Eine andere komfortablere Möglichkeit ist die automatische Gesichts- und Augenerkennung. Dabei wird eine Person oder falls gewünscht das Auge markiert. Nutzt man dann den AF-C, wird das Gesicht/Auge auch bei Bewegung der Person im Fokus behalten (Tracking). So weit die Theorie.

Bei meinen Familienreportagen und Homestorys (www.familienfotos-kruse.de) habe ich festgestellt, dass die automatische Gesichtserkennung der Olympus E-M1 II immer dann nicht gut funktioniert, wenn das Gesicht nicht den größten Teil des Bildes ausfüllt. Das gilt gleichermaßen auch für das Auge. Eine Nachführung der Schärfe bei Bewegung ist dann natürlich auch nicht möglich. Dabei müssen es keine Bewegungen über lange Strecken sein. Bei einer großen Offenblende reicht schon ein abruptes Kopfdrehen des Kindes und das Gesicht bzw. das Auge ist nicht mehr in der Schärfeebene. Der Nachfolger, die Olympus E-M1 III hat in Sachen Gesichtserkennung deutliche Fortschritte gemacht. Dies habe ich auch schon bei meinem kurzen Test mit der E-M1 II in diesem Blogartikel beschrieben. Olympus hinkt leider in diesem Bereich der Konkurrenz deutlich hinterher. Die Frage ist also, wer kann die Augenerkennung neben den Top-Modellen von Sony (A9 und A9II) derzeit am besten?

Und nun kommt endlich die Canon EOS R6 ins Spiel. Diese Kamera soll laut diverser Testberichte neben den Oberklassemodellen von Sony genau diese Funktion perfekt beherrschen. Da ich mir bei derart speziellen Anforderungen gern selbst ein Bild mache, musste also eine Canon EOS R6 zum Testen her.
Der Onlinehändler AC-Foto bietet einen Canon Testkoffer zum Ausleihen an (149 EUR für drei Tage). Die Ausrüstung kommt in einem Hardcase mit perfekt angepasstem Inlay. Die gesamte Abwicklung verlief wie immer reibungslos. Die enthaltenen Objektive waren eher zweitrangig. Ich wollte einfach sehen wie sich die Augenerkennung auch bei schlechtem Licht in Innenräumen schlägt. Denn genau das sind die Schwächen der Olympus E-M1 II.

Sicher hinkt der direkte Vergleich, da es sich um zwei Kameras aus deutlich verschiedenen aktuellen Preisklassen handelt. Ausserdem war die Markteinführung der Olympus E-M1 II bereits im Dezember 2016.

Die Canon EOS R6

Es soll kein ausführlicher Test der R6 werden. Mir ging es lediglich um das Feature der Augenerkennung, da diese meine Arbeit um einiges erleichtern würde.

Der Vollständigkeit halber hier einige wenige Daten des endlos langen Datenblattes der EOS R6 in Kürze:

  • 20,1 MPixel Sensor im Kleinbildformat
  • 3,69 Millionen Bildpunkte im Oled Sucher bei 0,76 facher Vergrößerung
  • 1,62 Mio. Bildpunkte Schwenkdsiplay bei 3.0 Zoll Größe
  • Canon RF Bajonett
  • Phasenvergleich-Autofokus mit 6.072 Sensoren, Autofokus-Arbeitsbereich von -6 EV bis 20 EV, Kontrast-Autofokus
  • Dual Pixel AF System 100 % Bildfeldabdeckung bei Gesichtserkennung und Verfolgunsgfunktion; 100 % horizontal und 90 % vertikale Abdeckung bei manueller Messfeldauswahl, 1.053 AF Messpunkte bei Automatikauswahl (Gesichtserkennung und Verfolgung)
  • ISO 100 bis ISO 51.200 (Automatik), ISO 50 bis ISO 204.800 (manuell)
  • Serienbildfunktion max. 12,0 Bilder/s bei höchster Auflösung und max. 1.000 gespeicherten Fotos, 12 B/s mit max. 240 Raw in Folge
    20 B/s bei elektronischem Verschluss
  • Bildstabilisator mit 5 EV im Gehäuse, koppelbar mit Objektiv Stabilisator bis 8 EV

Das Handling zusammengefasst

Die Kamera liegt perfekt in der Hand und fühlt sich sehr wertig an. Lediglich die vielen Anbauteile aus Polycarbonat trüben bei einem Preis von ca. 2600 EUR doch etwas den Gesamteindruck. Zusammen mit dem RF 24-70/2.8 L IS USM wiegt die Kombi 1635 g, eine E-M1 II mit 12-100 mm wiegt 1243 g. Wobei man hier bei der Canon EOS R6 immer noch eine geringere Reichweite hinsichtlich der Brennweite hat.

Leider gibt es auch bei der R6  keinen “ISO-Button”.  Bei einem solchen Sensor spielt die ISO Einstellung fast keine Rolle mehr, so eine Begründung. Man stellt einfach die ISO auf Automatik und begrenzt vielleicht die maximale ISO Stufe im Menü. Dieses Argument greift bei dem Canon Sensor, der auch in der 1DX III verbaut wird schon eher. Doch dazu später mehr. Und natürlich gibt es bei den RF-Objektiven den Objektivsteuerring, der sich mit den Funktionen Blendenauswahl, Belichtungszeit, ISO-Empfindlichkeit und Belichtungskorrektur belegen lässt. Das funktioniert auch sehr gut. Nur liegt der Ring nicht immer an derselben Stelle. Beim Canon RF 70-200mm f2,8L IS USM zb. ist der direkt hinter dem Bajonett zu finden, beim Canon RF 24-70mm f/2.8 L IS USM dann wieder ganz vorn.

Alle Schalter und Knöpfe lassen sich sehr gut bedienen. Auch nach langer Canon-Abstinenz finde ich alle nötigen Einstellungen schnell wieder. Das Menü ist gut strukturiert und auch per Touchscreen sehr schnell bedienbar. Gut gelöst ist die manuelle Wahl des Fokuspunktes per Daumen. Der ausklappbare Monitor dient dabei als Touchpad. Das bietet die Olympus auch schon. Nur kann man bei der R6 nur einen gewissen Teil des Monitors für die Auswahl der Fokuspunkte konfigurieren. Das ist sehr praktisch, da man mit dem Finger am Auslöser nur schwer den gesamten Monitor mit dem Daumen erreichen kann.

Der Augenautofokus

Die Konfiguration des AF erfolgt bei Canon in einem eigenen Reiter “AF” im Menü. Dieser ist in fünf weitere Untermenüpunkte unterteilt.
Direkt im ersten Reiter kann man unter anderem einstellen, ob Personen oder Tiere von der KI erkannt werden sollen. Die Autofokusmethode steht auf Gesichtserkennung, der AF-Betrieb auf “Servo AF“, sofern man das Tracking aktivieren will, was durchaus Sinn ergibt, wenn sich die Person bewegt.
Die Einstellung “Tiere” konnte ich mangels “Tieren” diesmal nicht testen 😉

 

Wird das Gesicht/Auge dann erkannt, wird es mit einem quadratischen Rahmen versehen. Dieser wechselt die Farbe zu blau, wenn das Tracking aktiviert ist. Die Trefferquote bei meinen Versuchen lag in der Tat bei 100%. Wirklich beeindruckend. Getestet habe ich die Funktion bei Kindern in verschiedenen Situationen, wie z.B. beim Rutschen auf dem Spielplatz. Aus rechtlichen Gründern darf ich die Fotos hier nicht zeigen. Exemplarisch hier nur ein Bildschirmfoto mit aktivierter Augenerkennung auf dem rechten Auge.

Auch bei hohen ISO Werten von 6400, also wenig Umgebungslicht, wird das Auge zuverlässig erkannt und auch getrackt. Das ist eine sehr deutliche Arbeitserleichterung, da man einfach aus einer ganzen Serie von scharfen Fotos auswählen kann und nicht erst mal die unscharfen aussortieren muß.

Indoor habe ich sowohl das 24-70, also auch das 70-200 genutzt und meist mit Offenblende agiert.

Vergleich beider Kameras in Sachen Augenerkennung

Die Sache ist eigentlich recht simpel. Die Olympus E-M1 II hinkt in Sachen Augenerkennung der R6 deutlich hinterher. Doch nicht nur da.
Auch der Sucher und die Auflösung des Displays sind bei der Canon R6 einfach eine komplett andere Liga, auch was den Preis angeht. Die geringere Auflösung des EVF der Olympus ist besonders dann hinderlich, wenn man die Fokuslupe zur Hilfe nehmen will, um die Schärfe zu kontrollieren. Der Sucher der R6 erinnert auch in dunkler Umgebung stark an den Sucher einer DSLR.

Wenn der Augen AF der Olympus ein Auge erkennt, muss das Gesicht der Person zum einen fast formatfüllend erscheinen und zum anderen in Richtung Kamera blicken. Befinden sich mehrere Gesichter im Bild ist der Wechsel zwischen den Gesichtern sehr einfach durch einen Buttonklick möglich. Ist die Person allerdings weiter entfernt tut sich die Olympus sehr schwer ein Gesicht bzw. ein Auge zu erkennen. Das gilt auch für sehr lichtstarke Festbrennweiten wie z.B. dem 25 mm 1.2 PRO. Anscheinend fehlt es dem doch etwas betagten Prozessor der E-M 1 II ein wenig an Power für derart rechenintensive Vorgänge.

Die R6 hingegen hängt bei jeder Bewegung am Auge und produziert knackscharfe Fotos nach Belieben in Serie. Dabei kann die Person ruhig sehr weit weg  oder kurz verdeckt sein. Sofort wird das zuvor erfasste Auge wieder erkannt und die Scharfstellung erfolgt verzögerungsfrei.

High ISO

Wenn man schon mal einen Body der aktuellen Spitzenkameras zur Hand hat, vergleicht mal dann letztlich doch die Performance bei höheren ISO Werten.
Sicher ist es nicht verwunderlich, dass auch hier die Canon EOS R6 vorne liegt. Das heißt nicht, dass man bei hohen ISO Werten ab 3200 bis 6400 keine brauchbaren Fotos mit dem kleinen Sensor der Olympus machen kann. Es ist jedoch deutlich mehr Aufwand in der Nachbearbeitung nötig und die kostet eben Zeit und dann am Ende auch Geld.

Zum Vergleich habe ich Fotos einer Farbkarte und einer typischen Kinderzimmerszene mit unterschiedlichen ISO Empfindlichkeiten aufgenommen. Zum einen bei der jeweileigen Base-ISO und dann bei ISO 6400. Die gewählten ISO Werte und die Kamerainfos sind in den jeweiliegen Fotos eingeblendet. Das rechte Foto zeigt die Canon R6 bei ISO 102400. Das ist dann doch etwas zu viel des Guten und für mich nicht merh brauchbar.


Nun könnte man wieder einwenden, dass man, um eine Äquivalenz zu gewährleisten, bei einem Kleinbildsensor die ISO Empfindlichkeit deutlich erhöhen müsste, um das Foto mit dem kleinen Sensor zu vergleichen. Ich möchte jedoch Fotos mit annähernd gleicher Helligkeit vergleichen, dann muss auch der nötige ISO Wert nahezu identisch sein. Man erkennt deutlich den Vorsprung der Canon EOS R6, was jedoch keine große Überraschung ist.

Doch wieder ein Systemwechsel?

Nein. Dazu sind die Vorteile durch das kompakte System für mich persönlich zu groß. Zumindest was die Naturfotografie angeht, möchte ich diesen Vorteil nicht missen. Auch finde ich die Qualität der Objektive sehr gut. Bei einem System mit Kleinbildsensor sind die Folgekosten in Sachen Objektiv deutlich höher. Mich stört auch die oftmals als nicht ausreichend bezeichnete Auflösung von 20 MPx nicht, da ich Fotos selten nachträglich derart beschneide, dass komplett andere Fotos entstehen. Teilweise leidet bei deutlich höheren Auflösungen auch die Low-Light-Performance, was man am Vergleich einer Sony A7 III zur A7R III deutlich sehen kann. Für Tierfotografen hingegen ist die Möglichkeit in der Nachbearbeitung enge Bildausschnitte zu gestalten sicher reizvoller und diese Fotografen profitieren von einer möglichst hohen Auflösung.

Für den speziellen Fall der Fotografie von Menschen in Innenräumen nur mit natürlichem Licht gibt es jedoch bessere Möglichkeiten. Für mich ist daher einfach ein zusätzliches Werkzeug sinnvoll, da es letztlich Zeit spart. Zum einen beim Erstellen der Fotos, zum anderen in der Nachbearbeitung von Fotos, die mit hohen ISO Werten aufgenommen wurden. Das ist nun mal nicht die Spezialdisziplin der Olympus.

Natürlich kann man mit der Olympus auch im Bereich der Homestorys und Portraits in Innenräumen arbeiten, keine Frage! Man muß jedoch sehr genau belichten, gerade bei hohen ISO Werten und wählt den Fokuspunkt lieber manuell und führt den Fokuspunkt mit aktiviertem C-AF (ohen Tracking) selbst nach.

Noch ein Tipp zum Schluß. Nehmt die Kamera Eurer Wahl samt Obketiv in die Hand und fotografiert damit!. Guckt Euch die Fotos in Ruhe an und überlegt genau, was Ihr machen wollt. Ein wirklich guter Foto-Fachhandel wird Euch die Kamera leihen, nicht nur für 10 Minuten im Geschäft…wenn Ihr dort dann anschließend auch kauft. Das bringt einfach deutlich mehr als die zahlreichen Videos der Youtube-Größen der Fotobranche, die oft auf ein System eingeschworen sind und alles andere für unbrauchbar erklären. Um einen ersten Eindruck von der Technik zu bekommen sind diese Videos super.
Eine Kaufentscheidung sollte man daraus jedoch nicht ableiten.

2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • wenn es hektisch wird, klappe ich bei der Oly das Display aus, tippe auf den Punkt, der scharf werden soll – fertig. Da entkommt mir auch keine schnelle Bewegung eines Gesichts. LG D

    Antworten
    • Hi Dirk,

      schön, wenn das bei Dir klappt 🙂

      Ich halte halt nix von Funktionen, die in der Realität nicht funktionieren. Leider ist die Augenerkennung bei der OM-1 auch nicht besser und weit hinter der Konkurrenz zurück. Einen workaround für derartige Probleme gibt es sicher immer…

      Schöne Grüße

      Helmut

      Antworten

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